Zwischen Aggression und Zweifel - Schlechtes Selbstbewusstsein in der Pubertät
- geschrieben von Helga Wissing
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„Das kann ich sowieso nicht, alle werden über mich lachen“, sagt Jonas (13) mürrisch, als er von der Schule nach Hause kommt. Im Deutschunterricht soll er ein kleines Referat halten, um seine Noten zu verbessern.
Ständig spricht Jonas über Jungen in seiner Klasse, die viel beliebter seien und alles besser könnten als er. Seit er in der Pubertät ist, ist sein Selbstbewusstsein gleich Null. Wenn seine Eltern versuchen, mit ihm über seine Probleme zu sprechen, wird er aufbrausend, manchmal sogar richtig aggressiv und zieht sich in sein Zimmer zurück. Auch Nachbarn und Freunden der Familie gegenüber ist der früher so aufgeweckte und fröhliche Junge schroff und abweisend. „Das macht die Pubertät“ trösten andere Eltern. Und haben Recht damit. Das Selbstbewusstsein sinkt in der Pubertät und darunter leidet auch das Benehmen.
Mangelndes Selbstwertgefühl bei Jugendlichen
Dennoch sollten solche Signale des Kindes nicht bagatellisiert werden. Offenbar hat Jonas ein großes Problem mit seinem Selbstwertgefühl. Das komme gerade in diesem Alter häufig vor, weiß der Sozialpädagoge August Braun aus Kempten. Er gliedert den Prozess der Pubertät in drei große Phasen: Von 9 bis 12 Jahren, von 13 bis 15/16 Jahren und von 15/16 bis 18/19 Jahren. Besonders in der ersten Phase, der Zeit der Vorpubertät, stelle für viele Jugendliche das niedrige Selbstwertgefühl eine große Herausforderung dar. Die vermeintliche Minderwertigkeit werde sehr oft durch „Codes“ ausgeglichen: „Bei den Mädchen läuft das häufig über das Aussehen und die Kleidung, bei den Jungen eher über Körperkontakte und die Sprache.“ Oft käme es den Eltern in dieser Phase vor, als würden sich die Jugendlichen uniformieren: „Der Druck durch Gleichaltrige ist in dieser Phase recht groß. Jugendliche versuchen sich mit dem ,unauffällig bleiben’ zu schützen und wollen nicht mit ihrem mangelnden Selbstwertgefühl entdeckt werden.
Weitere Informationen
Beratung und Unterstützung gibt es in den Erziehungsberatungsstellen und Familienberatungsstellen vor Ort, bei allen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und/oder einem Kinder -und Jugendlichenpsychiater. Erster Ansprechstelle kann auch der Kinder- oder Allgemeinarzt Deines Vertrauens sein.
Aggressives Verhalten bei Teenagern nicht persönlich nehmen
Auch wenn es manchmal schwer fällt, für dieses pöbelnde, abweisende, gar aggressive Verhalten bei Teenagern Verständnis aufzubringen. Anerkennende, lobende Worte und ein wohlwollendes Verhalten der Erwachsenen sind immer noch der beste Weg, um das Selbstwertgefühl der Jugendlichen zu stärken. Alle Menschen, auch, oder gerade der vermeintlich völlig ablehnend reagierende Pubertierende, möchten um ihrer selbst willen geliebt werden. Ungeachtet ihrer Fehler und Schwächen.
Verständnis lautet das Zauberwort, von Beginn der Pubertät an. Eine echte Herausforderung für die meisten Eltern. Wichtig ist auch, das Verhalten des Nachwuchses nicht persönlich zu nehmen. Das kostet Kraft. Aber so kann man eigene aggressive Gedanken und Reaktionen (schließlich sind Eltern auch nur Menschen) besser in den Griff bekommen.
Erwachsenwerden gehe nun mal nicht über Nacht, sagt August Braun. Wichtig sei, den Nachwuchs in dieser nicht einfachen Zeit zu begleiten, ohne ihm oder ihr die eigenen Überzeugungen aufzuzwingen.
Helga Wissing
Helga Wissing ist freie Journalistin und lebt mit ihren zwei Töchtern in einer Kleinstadt in Nordrhein Westfalen. Mit einer 16-Jährigen unter einem Dach weiß sie genau, wovon sie schreibt. Wechseljahre und Pubertät prallen aufeinander. Ihr Tipp: Ruhe bewahren und trotzdem lieb haben.
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