Was ist Pubertaet?

Was geschieht in der Pubertät?

Was ist Pubertät? Foto: © Marco2811 - Fotolia.com Was ist Pubertät?

Chaos, genervte Kinder und Eltern – das assoziieren die meisten Menschen mit dem Begriff „Pubertät“. Dabei ist es die notwendige Entwicklungsphase zwischen Kindheit und Erwachsensein. Wie die verschiedenen Phasen der Pubertät ablaufen, erfahrt Ihr hier.

Stimmungsschwankungen und Regelblutung: Phase Eins der Pubertät

Die Entwicklung in der Pubertät beginnt etwa mit 10 Jahren. Sichtbar wird das vor allem durch die beginnende Körper- und Schambehaarung. Bei einer großen Anzahl von Jugendlichen startet das allerdings schon ein oder gar zwei Jahre früher. Die Sexualhormone werden verstärkt produziert (bei den Mädchen Östrogen, bei den Jungen Testosteron). Klar, dass das mit Stimmungsschwankungen einhergeht, wie immer, wenn Hormone im Spiel sind. Viele Kinder entwickeln ein starkes Schamgefühl. Die geschlossene Badezimmertür spricht Bände. Aber: Sehr verständlich, wenn da etwas sprießt und wächst, was vorher nicht da war und von dem ich nicht weiß, was daraus wird, was sich angenehm und unangenehm zugleich anfühlt.

Mädchen bekommen die erste Regelblutung, Jungen kommen in den Stimmbruch. Vielen ist das peinlich, sie ziehen sich in ihr Zimmer zurück, hegen Selbstzweifel bis zur Depressivität. Andere neigen zu heftigen Wutausbrüchen. Die Entwicklung in der Pubertät hält einige Überraschungen parrat. Deutlich ist: Eine erste größere Distanz zur Erwachsenenwelt wird aufgebaut. Stars sind wichtiger als Vater und Mutter, seien es Fußballspieler oder Pop-Diven. Das Zimmer wird von Playmobil gesäubert und Poster, die kurze Zeit später nur noch peinlich sind, werden an die Wand gepinnt. Das gehört alles noch zur ersten Phase und ist üblicherweise mit etwa zwölf Jahren vorbei.

Erster Samenerguss und Pickelwachstum – Phase Zwei der Pubertät

Grundsätzlich verläuft diese Entwicklung in der Puberät nicht gradlinig, eher sprunghaft und unregelmäßig. So gibt es Mädchen, die am Abend in ihrer rosa Girlie-Welt mit ihrem Lieblingspandabären kuscheln, am nächsten Morgen aber stundenlang das Bad blockieren, um sich mit Mascara und Kajal den neuesten Trends entsprechend zu schminken. Und stimmbrüchige Jungen, die am Vormittag in der Schule in der Rabaukengang die Muskeln spielen lassen, nachmittags aber die Matchbox-Autos in ihrer Garage ordnen.

Etwa mit 13 Jahren beginnt die zweite Phase der Pubertät. Mancherorts sprießen die Pickel, plötzliche Wachstumsschübe führen zu merkwürdigen Körperproportionen. So manche Eltern fahren beim Frühstückstisch zusammen, weil ihr Sohn die Tasse auf den Tisch knallt. Ist aber nicht böse gemeint, die Arme sind einfach länger geworden und er muss die Koordination erst neu einüben. Auch der erste Samenerguss fällt in diese Phase. Die wenigsten Jungen freuen sich übrigens, wenn das mit einem Fest gefeiert werden soll. Schließlich findet das Ereignis eher heimlich, nachts, in der Dunkelheit unter der Bettdecke statt. Und ist klebrig und merkwürdig und irgendwie peinlich. Also lieber einfach nur zu Kenntnis nehmen, schauen, was vom Kind kommt und welche Fragen da sind.

Wissenswert: Der Begriff „Pubertät“ wurde etwa ab dem 16. Jahrhundert vom lateinischen „pubertas“ entlehnt und bedeutet „Geschlechtsreife“. Es ist eine Nebenform des Wortes „puber“, was sich am besten mit „Mannwerdung“ übersetzen lässt. Weitere Informationen: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet verschiedene Broschüren für Eltern an, deren Kinder in der Pubertät sind, zum Beispiel in der Reihe „Über Sexualität reden“.

Als kostenloser Sofort-Download hier: www.bzga.de/infomaterialien/sexualaufklaerung/ueber-sexualitaet-reden-die-zeit-der-pubertaet/

Verletzlich sind Jungen und Mädchen in dieser Zeit stärker als sonst. Wo sie noch vor kurzem gelächelt haben oder vielleicht selbst mit einem Spruch geantwortet haben, knallen jetzt Türen oder sie ziehen sich aus der Kommunikation zurück. Viele haben erhebliche Selbstwertprobleme. Mädchen vor allem kommen mit ihren neuen Rundungen nicht gut klar und unterwerfen sich einem kruden Schönheitskult, vor allem, um vor den anderen Mädels in der Clique gut dazustehen. Bei Jungen ist häufig ein Leistungsabfall in der Schule zu sehen, sie trauen sich kaum noch etwas zu, reden wenig. Sie experimentieren mit Rollenbildern und –klischees, vor allem Jungen testen Grenzen aus. Das ist sowohl bei Alkohol und Drogen der Fall, als auch bei Extremsportarten wie Free-Climbing oder mit gefährlichen Verhaltensweisen wie S-Bahn-Surfen. Warum? Um dazuzugehören und in der Gruppe ein gutes Bild abzugeben – Image ist alles!

Ich bin ich! – Phase Drei der Pubertät

Mit etwa 16 Jahren kehrt etwas mehr Ruhe ein. Die Zeit der rohen Provokationen und Konfrontationen neigt sich dem Ende zu. Die körperlichen Veränderungen sind nicht mehr so augenfällig, schnell und groß, wenn auch das Wachstum bei Jungen erst mit etwa 21 Jahren abgeschlossen ist. Vielleicht wird Eure Tochter jetzt Veganerin und legt Wert auf Gesundheit und Fitness, negativerweise kann eine Essstörung wachsen. Äußeres wird immer wichtiger, cool am Strand liegen mit Drinks, Mädels anbaggern und mit Sexualkontakten nicht gerade geizen ist jetzt angesagt. Schließlich muss dieser neue wunderschöne Körper ausprobiert, gezeigt und genossen werden! Logisch, dass ich der King bin! Die Schönste! Dass ich locker durch den ganzen See schwimmen kann und eine Flasche Wodka ohne abzusetzen in mich hineinschütten kann! Das neue Selbstwertgefühl schlägt eben auch in die andere Seite aus, was sich in Selbstüberschätzung und Egoismus ausdrückt. Denn die leeren Pizzakartons wegräumen – krude Idee.

Allerdings lässt sich jetzt viel besser mit den Pubertierenden diskutieren. Sie zeigen vielfältige Interessen, sogar für Politik, wollen Tiere aus Käfigen befreien oder für das neue Jugendzentrum auf die Straße gehen. Es ist ihnen mehr und mehr egal, was die Eltern dazu sagen, wann sie nach hause kommen, bestimmen sie selbst, auch wenn Mama am nächsten Morgen das 189ste Donnerwetter grollen lässt. „Der Jugendliche beginnt die Regeln und Normen, die in der Familie gelten, kritisch zu prüfen und sie mit seinen eigenen Erfahrungen zu vergleichen. Schließlich bildet er seine eigene Meinung, die ihm auch zeigt, dass die Ansichten und Meinungen seiner Familie nicht unfehlbar sind,“ so die Kinderärztin und Psychotherapeutin Dr. Roswitha Spallek.

Allmählich erkennen sie, dass sie ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen können, müssen – und auch wollen. Sie kümmern sich um Praktikum und Lehrstelle, entwickeln Interesse an bestimmten Schulfächern und machen sich über ihren Beruf Gedanken. Dabei lösen sie sich immer mehr von den Vorstellungen der Eltern. Was natürlich nicht ohne Konflikte abgeht. Denn weder versteht Papa die neue Religiosität der Tochter, noch will er dem Sohn das Wohngemeinschaftszimmer bezahlen. Dabei sollten Eltern nicht jeden Quatsch unwidersprochen hinnehmen: „„Vater und Mutter sollten klar und deutlich zum Verhalten ihrer Kinder Stellung beziehen“, meint der Psychologe Wolfgang Bergmann.

Aber mit 18 Jahren ist die Entwicklung und die Pubertät zum größten Teil abgeschlossen. Außerdem gelten die Kinder sowieso rechtlich als volljährige Menschen. Und wenn Ihr ihnen in den Jahren davor ein warmes Zuhause und gutes Gegenüber wart – dann werden aus ihnen auch selbstständige und verantwortungsvolle Erwachsene.

Letzte Änderung amFreitag, 08 August 2014 10:05
Ralf Ruhl

Ralf Ruhl arbeitet als selbstständiger Journalist und Redakteur. Er lebt mit seiner Familie in Göttingen. Seine Kinder haben die Pubertät hinter sich. Und er auch. Glaubt er...

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