Was ist Pubertaet?

„Er war doch so ein liebes Kind“- Verhaltensänderungen in der Pubertät

Verhaltensänderungen in der Pubertät Foto: © K.- P. Adler - Fotolia.com Verhaltensänderungen in der Pubertät

„Er war doch so ein liebes Kind“, „Was ist aus meiner süßen Prinzessin geworden“, solche Sätze schießen Eltern von pubertierenden Jugendlichen sicher öfter durch den Kopf. Einigen Müttern und Vätern scheint es so, als habe sich ihr Kind praktisch über Nacht verwandelt.

Ein kleiner Trost: Die Verhaltensänderungen, vor allem in der Pubertät, treffen die meisten Eltern unvorbereitet. Die plötzliche Verschlossenheit, die schroffe Art, die Distanz, vielleicht sogar Ablehnung, wird von vielen Eltern als emotionaler Verlust erlebt. Mit all den negativen Gefühlen, die damit einhergehen. Je inniger und liebevoller die Beziehung vorher war, umso schmerzhafter.

Da ist es besonders wichtig, sich vor Augen zu halten, dass diese Verhaltensänderungen in der Pubertät des Kindes zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit dazu gehört. Ein völliges Fehlen wäre viel eher Grund zur Sorge. Gelegentlich habe es den Anschein, als müsse sich der Heranwachsende garstig verhalten, damit die Eltern zur Einsicht kämen, dass sie ihn frei geben müssen, beschreibt  Reno H. Largo in seinem Buch „Kinderjahre“. „Der Jugendliche geht zu den Eltern auf Distanz. Er grüßt sie kaum mehr, vermeidet das Gespräch und empfindet ihre Äußerungen als Einmischung.“

Tipps für Eltern

  • nicht schlagen oder hauen
  • nicht gegenseitig beschimpfen
  • bei Wut lieber erstmal zurückziehen
  • danach zusammen darüber sprechen
  • wenn man sich nicht sicher ist, erst mal Zeit gewinnen „Ich denke darüber nach!“ sagen und später darauf zurück kommen
  • Im Gespräch bleiben: „Fragen statt sagen!“
  • wenn es ganz unerträglich ist, Hilfe einholen – Familienberatungsstellen / Erziehungsberatungsstellen siehe Rubrik Hilfe

Ablösung von den Eltern

Der Professor für Kinderheilkunde und Autor des Bestsellers „Babyjahre“ bezeichnet den Eintritt in die Pubertät auch als „Vertreibung aus dem sicheren Hort der Kindheit“. Denn während die Jugendlichen immer weniger bereit seien, ihr Verhalten nach den Eltern auszurichten und sich emotional kontrollieren zu lassen, bedeute die Ablösung von den Eltern gleichzeitig, dass diese ihnen nicht mehr die Nähe und Sicherheit wie früher geben können. „Auf der Suche nach Geborgenheit und Nähe außerhalb der Familie betritt der Heranwachsende Neuland. Er wendet viel Kraft und Zeit dafür auf, sich einen Platz in einer Gruppe Gleichaltriger zu sichern, Freundschaften zu schließen und zu erhalten.

Loslassen ohne Gleichgültigkeit

Das Bemühen um Nähe und Anerkennung, so Largo, könne einen Jugendlichen so sehr beschäftigen, das er alles andere – wie etwa die Schulpflichten –  vernachlässige. „Er kann wochen- und monatelang über das eigene Verhalten und dasjenige der anderen nachgrübeln.“ Da die Kameraden aber gleichermaßen emotional labil seien und ähnlich hohe Erwartungen an Beziehungen stellen würden, sei der Umgang untereinander oft geprägt von höchsten Erwartungen und tiefsten Enttäuschungen. Das Schlimmste was einem Heranwachsenden zustoßen könne, sei, von den Kameraden nicht akzeptiert zu werden.

Verständnis für die Jugendlichen

Wer das versteht und sich vielleicht noch an die eigene Pubertät zurück erinnert, wird eher Verständnis entwickeln. Und auch ein Stück loslassen ohne gleichgültig zu werden. Denn wie schwierig der Beziehungsnotstand vieler Jugendlicher sein kann, zeigt der sprunghafte Anstieg psychosomatischer Erkrankungen in dieser Zeit.

Auch wenn sich die Eltern zurückgestoßen und unnütz fühlen würden, sollten sie dem Jugendlichen ihre Unterstützung nie verweigern“, rät Professor Largo. Sie sollten ihm die Tür offen halten, ohne ihn festzuhalten. Und zwar so lange, bis er wieder Mut gefasst hat, sich erneut der Welt zu stellen. Ganz falsch sei es aber, sich anzubiedern oder gar in Wettbewerb mit den Kameraden zu treten. „Sie sollten zu sich selbst stehen und ihre Meinung entschieden zum Ausdruck bringen, ohne aber zu erwarten, dass sich der Jugendliche danach richten wird.“

Sicher kein leicht umzusetzender, aber effektiver Rat. Und wer jemals vor einem ausrastenden Teenager gestanden hat, weiß, wie schwer es ist, gelassen zu bleiben. Gerade für solche Momente ist es vielleicht hilfreich, was der Experte und Vater dreier Töchter zu bedenken gibt: „Sie haben für Ihr Kind nicht nur viel getan, Sie haben auch viel von ihm erhalten. 15 Jahre lang ist Ihnen das Kind freundlich begegnet, hat Ihre Nähe gesucht und Ihnen zu verstehen gegeben, dass es Sie braucht, sich bei Ihnen wohl fühlt und Sie mag.“

Letzte Änderung amDonnerstag, 07 August 2014 14:37
Helga Wissing

Helga Wissing ist freie Journalistin und lebt mit ihren zwei Töchtern in einer Kleinstadt in Nordrhein Westfalen. Mit einer 16-Jährigen unter einem Dach weiß sie genau, wovon sie schreibt. Wechseljahre und Pubertät prallen aufeinander. Ihr Tipp: Ruhe bewahren und trotzdem lieb haben.

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